Zweiter Brief des Novizenmeisters von Sept-Fons an Bruder Lev, Novizenmeister von Novy Dvur

Dieser Ausspruch von Dom Chautard – „die Gottlosen des Klosters“ – ist gewiss ein Ausspruch, der einen schaudern lässt!

Mein Novizenmeister, Pater Louis, hat ihn mir zitiert, als ich Novize war. Er betrifft die Mönche, die im Kloster geblieben sind, und ein Leben ohne Freude und ohne Ziel führen. Das Zitat hatte mich dermaßen beeindruckt, dass ich es vor Pater Hieronymus wiederholt habe, der es mir bestätigt hat.

Die große Askese des Klosterlebens besteht nicht im Fasten, in durchwachten Nächten, in Bußübungen... sondern im Durchhalten mit Qualität. Das ist eine furchtbareAskese.

Du bist noch ein zu junger Novizenmeister, um bereits auf diese ermüdeten Mönche zu stoßen. Du wirst ihnen früher oder später begegnen. Es gibt jedoch eine andere Art, auf die du sehr schnell stoßen wirst: die der Postulanten, Novizen, oder sogar jungen Professen, die mit überkommenen, eigenen Ansichten ins Kloster gekommen sind, und die es nicht schaffen werden, in die bescheidene Wirklichkeit des täglichen Klosterlebens einzutreten. Diese Leute sind keine Dummköpfe. Zu Beginn seines Klosterlebens muss der junge Mönch zwei seiner Berufung anhaftende Opfer bringen: er muss akzeptieren, auf ein direktes Apostolat und auf jegliche Wirksamkeit im Kloster zu verzichten.

Wirksamkeit ist das berechtigte Bedürfnis, alles was wir tun zu prüfen; sie ist die rechtmäßige Frucht unserer Arbeit; sie ist, was in unserem Klosterleben recht mager und schwindend ist, und es noch mehr wird, je länger wir im Kloster weilen. Das ist eine Klippe, an der diejenigen scheitern, die mit vorgefassten Meinungen ins Kloster eingetreten sind.

Du musst dann ruhig und standhaft bleiben und ihnen die Stirn bieten. Du musst einen Akt des Glaubens in den Wert unseres Lebens leisten. Dies ist keine leichte Aufgabe, denn sie könnte das Kloster Männer kosten, die dir von Wert zu sein scheinen, dir möglicherweise sogar überlegen sind. Halte durch.

Der Novizenmeister ist ein Diener des Klosterlebens, nicht dessen Verwalter, und auch kein Söldner.

Diese Situationen können dich schwächen. Man wird dir vorwerfen, autoritär zu sein, die Wahrheit zu besitzen, gegen den Sinn der Geschichte zu gehen... Du darfst dich dann weder rühren, noch beeindruckt sein. Viele dieser „falschen Jünger“ werden glauben, alles zu wissen – besser als du. Haben diese die Berufung zum Mönch? Vermutlich. Und das ist es, was für dich schmerzhaft sein wird. Aber der Verzicht, den das Klosterleben ihnen

auferlegen würde, seine Strenge sind für sie zu anspruchsvoll. Sie bleiben bei ihrer eigenen Zusammenstellung eines Klosterlebens nach ihrem Gutdünken und vor allem nach ihren Ansichten. Was sie wollen, ist ein Leben auf ihre Art, mit ihren Gewürzen. Wenn sie sich nicht gebessert haben und dich bei ihrem Weggehen bedrohen und deine eigenen Unzulänglichkeiten hervorheben, die oft sehr real sind, lass dich davon nicht betrüben. Seit jeher liegt eines der Dramen der Kirche darin, dass Kirchenmänner das Evangelium und das Antlitz unseres Herrn verwenden und für ihre persönlichen Zwecke schminken. Das ist auch heute noch wahr.

Heiligkeit besteht darin, „im Gleichschritt mit Gott zu marschieren“, wie Dom Samuel als junger Mann sagte.

Das Zisterzienser-Trappis- ten-Kloster ist ein Ort, an dem bescheidene, rechtscha- ffene und kultivierte Männer in Zurückhaltung und einem harten brüderlichen Leben Gott dienen. Auf diese Wei- se loben sie Gott und setzen sich für die Welt ein. /... /


September 2013