Auszüge aus der Homilie des Novizenmeisters von Sept-Fons
anläßlich der ersten Messe von Pater Johannes vom Kreuz

Wenige unter Ihnen, meine Brüder, kennen Pater Johannes vom Kreuz, der heute seine erste Messe für Sie zelebriert. Noch weniger wissen, was ein Mönch und speziell ein Trappistenmönch ist. Ich werde versuchen, Ihnen das zu erklären.

Lassen Sie uns auf das Evangelium zurückgreifen. Jesus lebte 30 Jahre lang in aller Stille. Das ist sein geheimes Leben. Danach hat er sich den Menschen offenbart. Eine seiner ersten öffentlichen Taten bestand darin, Jünger zu wählen: die Apostel. Zunächst Simon und Andreas, später Jakob und Johannes. Es waren junge Leute wie die anderen, gläubig und frei. Jesus kam, gab ihnen ein Zeichen und schon folgten sie ihm.

Drei Jahre lang lebten sie mit Jesus, ohne zu predigen, irgend jemanden zu taufen oder zu bekehren; sie lebten nur mit unserem Herrn, teilten sein Leben, hörten ihm zu, sahen seinem Leben zu, befragten ihn, halfen ihm manchmal, meist ohne viel von seiner Lehre und seinen Taten zu verstehen. Erst nach Ostern handelten die Apostel.

Das Klosterleben ähnelt diesen 30 Jahren, die Jesus in aller Stille gelebt hat, diesen 3 Jahren, die die Apostel mit Jesus verbracht haben.

Ein Mönch ist jemand, der mit Jesus zusammen ein geheimes Leben führt. Dies ist der erste Aspekt des Mönchslebens.

Der zweite Aspekt des Klosterlebens ist noch subtiler. Wir müssen uns daran erinnern, daß Pater Johannes vom Kreuz diesen Weg nicht gewählt hat. Er hat sich nicht gesagt: „Ich möchte Mönch, Priester werden, ein frommes, tugendhaftes, reines Leben führen, gehorchen, mich zurückhalten…“ Nein! Gott hat ihn gerufen und er hat diesen Ruf angenommen.

Wenngleich die Menschen in unserer Zeit, wo christliche Werte zu verblassen scheinen, akzeptieren, daß Originale nach ihrer Fasson leben, so akzeptieren sie nicht so leicht, daß begabte, sympathische junge Leute darauf verzichten, ihre Talente auszuüben, daß sie sich berechtigte Freuden und Glück versagen. Und Pater Johannes vom Kreuz hat Talente: er ist unter anderem ein ausgezeichneter Organist.

Sie könnten noch akzeptieren, daß diese jungen Leute nach ihrem Gutdünken leben, sofern sie sich sichtlich dem Nächsten widmen. Ein Mönch erweckt jedoch den Eindruck, sich vom Nächsten zu entfernen. Hier muß man sich an folgendes erinnern: im Leben zählen nicht nur Geld, Freizeitaktivitäten, Diplome, Sex usw., auch wenn alles um uns herum uns dies immer wieder wiederholt und es lautstark behauptet!

Es gibt höhere Werte: Menschenliebe, eheliche Treue, Familie, Aufrichtigkeit, Rechtschaffenheit, Kunst, Schönheit, Selbstlosigkeit… Und über allem, der Glaube an Gott und das Gebet.

Wenn ein junger Mann den Ruf Gottes annimmt, akzeptiert er, sich von vielen zunächst schönen und guten Dingen zu entfernen, nicht weil er sie verachtet, sondern um dem Herrn Jesus Christus zu folgen! Durch sein Ihm allein gewidmetes Leben weiß er, im Glauben, daß er die Welt rettet, daß er auf geheimnisvolle Weise daran arbeitet, daß Kriege, Hungersnöte, Ungerechtigkeiten, Gewalt und Krankheiten enden. Er weiß, daß er die Herzen beruhigt.

Das ist es, was wir heute um Pater Johannes vom Kreuz feiern. Seine Berufung ist eine außergewöhnliche und seltene Berufung. Dies ist die geheime, unsichtbare Kraft einer gewissen Anzahl von Werten, die immer öfter verachtet und mit Füßen getreten werden, die jedoch bleiben und bleiben werden, auch wenn nur wenige Menschen daran glauben und ihnen folgen. Lassen Sie uns zu denen gehören!


24. Januar 2009