Brief an unseren Freunde

Mai 2008

Liebe Freunde,

Jeden Tag zeugen mindestens fünf oder sechs Briefe in der Post davon, dass unser Klosterleben auf unsichtbare Weise jeden von Ihnen in seinem Geheimsten berührt: in seinen Schwierigkeiten, vielleicht in seiner Einsamkeit, in dieser Last heimlicher Prüfungen und Schmerzen, die in jedem Menschen wohnen und die nur die Hoffnung lindern kann. Ich wünsche mir, dass Sie diese Nachricht vor dem 24. Mai erhalten. Ich werde Ihnen später erklären warum. Zum Zeitpunkt, an dem ich schreibe, scheint der Frühling einzuziehen. Das Osterfeuer wurde in zehn Zentimeter dickem Schnee vorbereitet. Es war herrlich. Wir haben vierzig Tage lang gefastet. Mit Maßen… aber trotzdem! Seit der Passionswoche hatten wir die Kreuze und Statuen unseres Klosters verhangen. Die Jungfrau Maria anzubeten, ohne ihr Gesicht zu sehen, war ziemlich heftig. Dies sind Auflagen, die uns helfen, bis in unseren Körper zu spüren, was wir zelebrieren. In jener Nacht hatten die Blumen wieder Besitz von der Kirche ergriffen. Die Glocken schickten sich zum Geläut an. Bald würde die Orgel spielen und der Koch sich selbst übertreffen. Man atmete auf… Gut dreißig Gäste und sieben oder acht junge Leute, welche die heiligen Tage in der Gemeinschaft verbracht hatten, haben mit uns zusammen die Flamme der Osterkerze empfangen. Ein gefährliches Unterfangen, wenn der Wind bläst. Gefolgt von den Brüdern betrat der Diakon die Apsis unserer Kirche und stimmte mit schallender Stimme Lumen Christi an. Die Feier war dieses Jahr besonders fröhlich.

In derselben Osternacht taufte der Papst in Rom einige Erwachsene, darunter einen Moslem und eine Chinesin. Wir schätzen an ihm diese Mischung aus Vorsicht und offenen Aktionen, die in aller Ruhe für die Christen das Recht beansprucht, das zu sein, was sie sind. In Sept-Fons weiß unser libanesischer Bruder nur zu gut, wie es mit den Beziehungen zwischen Christen und Moslems in seinem Land steht. Unsere Brüder aus dem Senegal sagen, dass die Beziehungen dort irenischer sind. Auf ihre Bitte hin, und mit Ihrer Hilfe, haben wir in einem ihrer Dörfer eine kleine Pfarrkirche errichtet. Im Juli werden Pater Augustin, unser Buchhalter, und Pater Sebastian aus Sept-Fons die Glocke dorthin bringen, die von der Gründung bis zur Kirchweihe zu unseren Gottesdiensten geläutet hat. Die senegalesischen Brüder hätten gerne, dass der Glockenturm mindestens so hoch wird wie die Spitze der Moschee. Das ist durchaus legitim. Ebenso in China. Nun komme ich zum Grund dieses Schreibens. Haben Sie vom Brief Benedikts XVI an die Kirche dieses Landes gehört? Er bittet uns, am 24. Mai, am Fest Mariä Auxiliatrix, die an der heiligen Stätte Shenshan in Shanghai verehrt wird, für die Glaubensfreiheit in China zu beten. Wie könnten wir Mönche, die wir in der ehemaligen Tschechoslowakei, sechzig Kilometer hinter dem ehemaligen Eisernen Vorhang leben, nicht für diesen Aufruf empfänglich sein? Dieser Brief hat zahlreiche Empfänger. Darunter Großfamilien, Kirchengemeinden und Glaubensgemeinschaften. Viele werden von seiner Nachricht berührt sein. Wenn wir mit der ganzen Kirche beten, können sich dann die Dinge nicht ändern? Mögen die Christen, die Priester und vielleicht sogar Mönche in China und Asien frei leben und beten können. Ich vertraue Ihnen dieses Vorhaben an.

Lassen Sie uns von Wirtschaft reden. Zunächst von der Wirtschaft unseres Klosters. Wir lernen, sie bei sorgfältiger Arbeit losgelöst zu verwalten, ohne jedoch diese Sorge unser Leben erfüllen zu lassen. Der Traum, unseren Senf nach Russland zu verkaufen, ist ins Wasser gefallen. Der Klosterverwalter von Sept-Fons hat uns aus dieser heiklen Situation geholfen. Der Schafstall ist endlich und unser Gästetrakt immer noch im Bau. Nichts neues also. Lassen Sie uns über die Klostermauern hinaus blicken. Durch die vom Klosterleben auferlegte Losgelöstheit und durch den Kontakt mit Brüdern unterschiedlicher Horizonte, den die Fügung in unseren beiden Gemeinschaften geschaffen hat, lehrt uns das Klosterleben, die Wirklichkeit über den Schatten unseres Glockenturms hinaus wahrzunehmen. Es richtet unseren Blick auf andere, als diejenigen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft; es lehrt uns, deren Bedürfnisse zu erkennen und ihre Lebensweise kennen zu lernen; es erweitert unsere Sorgen auf die Probleme von Personen in fernen Ländern. Da liegt meines Erachtens ein Schatz, den wir mit Ihnen teilen können.

Vor einigen Jahren hatten wir von einem Wohltäter eine Spende empfangen, die uns für einige Wochen aus der Bedrängnis geholfen hat. Wir bauten damals die Kirche und hatten große Bedürfnisse. Als ich nach Prag fuhr, nahm ich einige Gläser Marmelade aus Sept-Fons für seine Kinder mit. Ich traf seine Frau, der ich dankte. Sie sagte mir: „Wofür denn, ehrwürdiger Vater? Sie tun etwas nützliches und wir können es mit Ihnen tun. Sie brauchen uns nicht zu danken. An Sie geht unsere Anerkennung und an Gott unsere Spende.“ Sie werden sicher nicht daran zweifeln, dass diese Leute sehr enge Freunde geblieben sind. Ich würde gerne jedem von Ihnen ein Glas Marmelade bringen. Brauchen wir noch Geld? Ja! Um die Berufungen zu unterstützen, die an allen Ecken der Welt keimen, um die Kirche von Sept-Fons zu restaurieren, um die Arbeiten von Nový Dvůr abzuschließen, um die von den Brüdern benötigten Traktoren zu kaufen, um das einzurichten, was noch eingerichtet werden muss… Bezwecken meine Briefe den Erhalt von Spenden oder die Pflege freundschaftlicher Beziehungen? Die Brüder sagen mir manchmal: „Heuchler, schreiben Sie ihnen doch, dass Sie Spenden erhalten möchten!“ Nein, ich schreibe Ihnen, um Ihr Blickfeld zu erweitern, ebenso wie Gott uns gezwungen hat, das unsere zu erweitern, um Sie für unsere Verantwortlichkeiten zu interessieren und Sie daran teilhaben zu lassen.

Wir beten für Sie und wir rechnen mit Ihrem Gebet. Und da ich weiß, dass unter unseren Freunden manche nicht gläubig sind – es freut uns sehr, dass unsere Nachrichten sie auch erreichen –, würde ich sagen: bewahren Sie uns Ihre Freundschaft und, wenn Sie die Gnade dazu haben, Ihr Gebet.

Fr. M. Samuel, Prior




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